Regen,Kälte.Ein kaputter Reifen. Mit 10 Minuten Verspätung bin ich endlich da. Das wäre meine letzte Chance einen Rückzieher zu machen. Im Nachhinein denke ich mir,dass ich sie hätte nutzen sollen.
Fahrrad anschließen, Schlüssel abziehen, klingeln und auf das Summen warten. Mechanisch. Als wäre ich schon 100 mal hier gewesen. Bin ich aber nicht. Ich kann ein leichtes zittern einfach nicht abstellen, Ich hab Angst. Ich muss in den 1. Stock. Die Treppen kommen mir unendlich vor. Die Tür steht offen. "Augen zu und durch", denk ich mir und gehe rein.
"Ich komme gleich, geh doch bitte ins Wartezimmer!" Super. Noch länger warten. Nach Gefühlten 5 Stunden ruft mich eine Stimme: " Gut du kannst jetzt kommen, ins letzte Zimmer"
"Setz dich, ich bin gleich da" Hat dieses dämliche warten auch mal ein Ende? Sofort als sie reinkommt und sich mir gegenüber setzt, wünsche ich sie hätte mich länger warten lassen. "Gut fangen wir an, erstmal brauche ich deine allgemeinen Infos, Name, Adresse, Krankenversicherung,usw!"
Dann kommen eine halbe Stunde lang völlig vorhersehbare Fragen. "Hast du Geschwister? Sind deine Eltern zusammen? Wie ist dein Verhältnis zu Geschwistern/Eltern? Was magst du an dir nicht? Wie bist du in die Depressionen gerutscht?" Alles vorhersehbar. Ich beantworte brav alle Fragen und sie schreibt alles auf ihren Zettel,auf dem bald mehr über mich stehen wird als ich wissen will.
Nach dem ich diese endlose Fragerei endlich durch hab, versucht sie mir zu erklären was Depressionen sind und was das Ziel dieser Therapie ist. Kurz gefasst meinte sie ich soll mir mein Leben schön denken und lernen glücklich zu sein.Als ob mir diese sinnlosen Floskeln helfen.
Es klingelt. Ihr nächster Termin. Die Stunde ist vorbei, dass Gespräch nicht,leider.
Ich wollte einfach nur weg gehen. Weg gehen und nie wieder kommen. Nie wieder hier her. Ich will kein glücklich sein lernen. Sie meinte ich sehe das alles zu pessimistisch. Ich sehe es einfach nur realistisch. Ich will nicht so ein dummes Gör sein, dass nur von Einhörnern und Regenbogen träumt.
Dann meinte sie ich soll das nächste mal mit meiner Mutter kommen. Plötzlich werd ich panisch. Ich nicke allem zu,um zu gehen und mich nie wieder zu melden.
"Du rufst mich dann einfach an und sagst Bescheid wann deine Mutter frei hat"
"Ja"
"Ich bin immer bis 18 Uhr erreichbar"
"Ja"
"Du hast meine Nummer ja"
"Ja"
"Wann rufst du an?"
Stille. Darauf konnte ich nicht einfach mit Ja antworten. Da konnte ich mich nicht rausreden. Scheiße. Und wieder diese Panik.
"Ich will es meiner Mutter nicht sagen"
"Was meinst du?"
"Ich will ihr nichts davon erzählen"
"Sie weiß nicht dass du hier bist?"
"Nein"
"Weiß sie, dass du beim Arzt warst?"
"Nein"
"Weiß sie, dass du depressiv bist?"
"Nein, sie weiß es nicht und sie wird es auch nicht wissen, ich will und werde ihr das nicht erzählen."
"Ich geb dir einen neuen Termin, darüber müssen wir noch reden"
Scheiße. Ich will nicht. Ich will da nie wieder hin, aber ich will auch nicht dass sie hier anruft und meiner Mutter alles erzählt, also muss ich wohl dahin.
Verdammt.